Krise leitet sich vom altgriechischen Wort „krísis“, „Entscheidung“ ab. Eine Krise ist also eine Situation, in der man eine Wahl hat. Wer eine Wahl hat, ist frei und in dessen Verantwortung liegt es, sich zu entscheiden: Wie weiter? Was nun? Der Zustand des sich ständig und immer wieder entscheiden Müssens ist ein wesentlicher in Max Frischs Werk.
Er umkreist ihn in fast all seinen Schriften mit seinem berühmten Credo „Du sollst dir kein Bildnis machen“ – kein Bildnis von der Welt (Homo Faber), kein Bildnis vom Leben (Stiller) und auch kein Bildnis von dir selbst (Mein Name sei Gantenbein). Sich ein Bildnis von etwas zu machen, bedeutet für Frisch, etwas auf einen Begriff zu bringen, fertig mit etwas zu sein – in seinem Urteil von einem „So könnte es sein“ zu einem „So ist es“ überzugehen. Darin liegt für Frisch auch das Ende aller Liebe: In der Behauptung, den anderen zu kennen, „im Verweigern des Anspruchs alles Lebendigen, unfassbar zu sein.“ Die Krise also, die die Möglichkeit über jede Behauptung von Wirklichkeit stellt, nennt Frisch „Leben“ – das Starre dagegen, das Sichere, Unveränderbare, die Wiederholung ohne Hoffnung oder Sorge, das ist die Katastrophe. und so stelle man sich vor: ein anderes Leben. Handeln also, nicht büßen; werden also, nicht sein.
„Mein Name sei Gantenbein“ treibt Max Frischs Lebensfrage danach, wer wir sind und wer wir sein könnten, auf die Spitze – und gibt der Zweifelhaftigkeit des modernen Menschen und der Abwägung von Wirklichkeit und Möglichkeit gleichermaßen eine stimme. intendant oliver reese inszeniert Frischs letzten großen Roman in einer eigenen Bearbeitung als Monolog mit Matthias Brandt, der dafür nach 20 Jahren Abstinenz auf die Theaterbühne zurückkehrt. Schauspieler, Sprecher und Autor Brandt hat in den letzten Jahren in über 80 Filmen mitgewirkt (u.a. „Polizeiruf 110“, Netflix- Serie „King of Stonks“) und wurde vielfach für seine Leistungen als Schauspieler und Sprecher ausgezeichnet.
Mit Matthias Brandt
Komposition: Jörg Gollasch
Bühne: Hansjörg Hartung
Kostüm: Elina Schnizler
Licht: Steffen Heinke
Dramaturgie: Johannes Nölting
Inszenierung: Oliver Reese
Samstag, 03.02.2024 bieten wir Ihnen eine Werkeinführung um 19:00 Uhr in der Cafeteria an. Am Sonntag, 04.02.2024 entsprechend um 17:30 Uhr.
Berliner Ensemble